Lesepaten berichten...

Geschichten voller Gefühl und Lebendigkeit
- Freiwillig Engagierte geben Ihre Freude am Lesen weiter -


Jeder mag gerne Geschichten. Viele haben Freude am Lesen. Doch nicht für alle Menschen ist ein Eintauchen in die Welt der Bücher gleichermaßen möglich. So ist es ein großes Glück, dass es freiwillig engagierte Menschen gibt, die ihre Leidenschaft zur ehrenamtlichen Aufgabe machen: das Vorlesen. Im Landkreis Aschaffenburg wird das Projekt Lesepaten durch die Fachstelle Bürgerschaftliches Engagement koordiniert. Derzeit gibt es etwa 180 aktive Lesepatinnen und Lesepaten – ehrenamtlich engagierte Vorleserinnen und Vorleser, die regelmäßig in Kindergärten, Schulen, Bibliotheken, Seniorenheimen, Krankenhäusern oder Einrichtungen für Menschen mit Behinderung vorlesen.

Die 64-jährige Jutta-Marita Hempfling ist eine von ihnen. Sie begann im Mai 2003 mit ihrer ehrenamtlichen Vorlesetätigkeit im Kardinal-von-Galen-Haus. In der Einrichtung leben geistig und körperlich mehrfach behinderte Frauen und Männer in verschiedenen Wohngruppen. Durch eine Zeitungsanzeige wurde sie damals auf das hauseigene Freiwilligenprojekt „Triebfeder“ aufmerksam, für das die Einrichtung in Hösbach fortwährend engagierte Menschen sucht, die ein wenig freie Zeit mit den Bewohnerinnen und Bewohnern verbringen möchten. Die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind ein großes Glück für die Einrichtung, denn ihr individuelles Engagement ermöglicht es, das Freizeitangebot für die Bewohner zu erweitern. Je nach Interesse und Fähigkeiten werden die freiwilligen Helfer in unterschiedlichen Bereichen eingesetzt. Frau Hempfling hat für sich das Vorlesen für die Bewohner entdeckt. Sie setzt damit einen wichtigen, beispielhaften Akzent, damit die dort lebenden Menschen mehr am Leben teilhaben können. Die engagierte Lesepatin gibt nicht nur ihre Begeisterung am Lesen weiter, sondern schenkt ihren Zuhörerinnen und Zuhörern zudem Aufmerksamkeit, Erfahrung und viel Freude.

Frau Hempfling liest zweimal wöchentlich in zwei verschiedenen Wohngruppen vor, die einmal aus einer Gruppe von neun und einmal aus einer Gruppe von sieben Personen bestehen. Pünktlich zu ihren regelmäßigen Vorlesestunden kommen die Bewohner selbst in den Vorleseraum oder werden vom Pflegepersonal dorthin begleitet. Nach einer herzlichen Begrüßung aller Anwesenden folgt zunächst einmal ein Ritual: Frau Hempfling verteilt an ihre Zuhörer Wasser. Und auch wenn die Bewohner sonst eher wenig trinken, leert die Lesegruppe in der 60-minütigen Vorlesestunde mindestens vier große Flaschen Wasser.

Sind alle mit einem Getränk versorgt, beginnt Frau Hempfling vorzulesen: zumeist Märchen oder Kurzgeschichten. Inhaltlich wählt die Lesepatin dabei häufig thematische Bezüge, so zum Beispiel zur Frühlings- oder Osterzeit. „Teilweise gibt es auch Vorlesewünsche“, so Jutta-Marita Hempfling. „“Sterntaler“, “Rapunzel“, “Rumpelstilzchen“ oder auch “Schwan, kleb an“ – das sind die Vorlese-Highlights.“ Am Ende einer jeder Vorlesestunde wird jeder Zuhörer herzlich verabschiedet. Durch ihre Vorlesestunden in den beiden Wohngruppen sorgt Frau Hempfling regelmäßig für beglückende Momente bei den Bewohnern und bereichert so deren Gruppenleben. Doch auch für sich selbst nimmt Jutta-Marita Hempfling aus ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit als Lesepatin viel mit: „eine Zufriedenheit, ein Lächeln und Anerkennung. Für mich ist es das Schönste mitzuerleben, wie sehr sich die Bewohner freuen, wenn ich komme. Sie freuen sich unbändig – das ist schon der Wahnsinn. Und ich gehe immer zufrieden heraus. Mich macht es froh, wenn ich helfen und etwas erreichen kann.“

Über ihr freiwilliges Engagement als Lesepatin hinaus ist Jutta-Marita Hempfling auch in anderen ehrenamtlichen Einsatzfeldern äußerst aktiv. Sie ist im 7. Jahr Schöffin und seit einigen Monaten im Pfarrgemeinderat im Bereich der Seniorenbetreuung engagiert. In diesem Rahmen organisiert und gestaltet sie Freizeitangebote für Senioren, z.B. gemeinsame Fahrten und Ausflüge oder verschiedene Nachmittagsangebote. Weiterhin leitet sie seit 2002 den Sozialverband VDK in ihrer Gemeinde. Etwa 20 Stunden pro Woche wendet sie so insgesamt für ihre ehrenamtliche Tätigkeit auf. Einen regelmäßigen Ausgleich verschafft sich die aktive Lesepatin durch Besuche in Museen und anderen kulturellen Einrichtungen. Gemeinsam mit einer Freundin erkundet sie so beispielsweise regelmäßig in Frankfurt die kulturellen Angebote der Stadt und genießt dabei die Zeit für sich selbst. Frau Hempfling hofft, dass sich zukünftig noch mehr Frauen und Männer engagieren. „Es ist wichtig, dass die Menschen hinschauen, wo es brennt und ihren Worten auch Taten folgen lassen.“ Sie ist eine Frau, die anpackt und das erwartet sie auch von ihren Mitmenschen: „Die Menschen sollten nicht nur über ehrenamtliches Engagement reden, sondern auch etwas tun.“ Besonders wünscht sie sich, dass sich noch mehr Ehrenamtliche für Menschen mit Behinderung engagieren. Voraussetzungen dafür bedarf es wenig und Einsatzmöglichkeiten gibt es sehr viele: zu Besuch kommen, einfach da sein - die Bewohner des Kardinal-von-Galen-Haus freuen sich über neue Bekanntschaften. Wichtig und zugleich Grundvoraussetzung für eine Mitarbeit ist einzig der Respekt vor Menschen mit Behinderung.

Das Kardinal-von-Galen-Haus freut sich über weitere ehrenamtlich Engagierte jeden Alters, die sich und ihre individuellen Fähigkeiten gerne für Menschen mit Behinderung einbringen möchten. Auch in den ganz neuen, gerade entstehenden Einrichtungen in Aschaffenburg (einem Wohnheim und einer Tagesförderstätte) freut man sich über ehrenamtliches Engagement aktiver Bürgerinnen und Bürger.

Wer sich speziell für eine Lesepatenschaft interessiert, kann sich an die Fachstelle Bürgerschaftliches Engagement des Landratsamtes Aschaffenburg wenden. Sie koordiniert das Projekt Lesepaten für den Landkreis und bietet den Lesepatinnen und Lesepaten einen regelmäßigen Erfahrungsaustausch sowie verschiedene Qualifizierungs- und Fortbildungsmöglichkeiten. Neben einem Einführungsworkshop stehen den Ehrenamtlichen ebenso Aufbauseminare sowie weitere themenbezogene Fortbildungen (z.B. zum Erzählen von Märchen) zur Auswahl.

Für die Tätigkeit als Lesepate eignen sich Frauen und Männer jeden Alters, die anderen Menschen ein wenig freie Zeit schenken und diesen mit dem Vorlesen eine Freude bereiten möchten. Die Unterstützung durch die Lesepaten wird von allen Seiten als Erfolg gewertet. Schulen, Kindergärten oder Seniorenheime freuen sich auf motivierte und engagierte Freiwillige. Die Lesepaten erfahren Interesse und Aufmerksamkeit von ihren Zuhörern, die mit großer Freude und Neugier an den Vorlesestunden teilnehmen.

Wer sich allgemein für das Projekt Lesepaten interessiert und sich über Einsatzmöglichkeiten im Landkreis Aschaffenburg informieren möchte, kann sich an Christiane Weber, Fachstelle Bürgerschaftliches Engagement des Landratsamtes Aschaffenburg (Tel.: 0 60 21 / 394 321, E-Mail: Christiane.Weber@lra-ab.bayern.de) wenden.